Eddy Merckx Classic (Fuschl, 13.09.2015)

Eddy Merckx – welcher am Radsport interessierte kennt ihn nicht! Und dann findet der Eddy Merckx Classic, dieses Legendenrennen, direkt in meinem Jagdrevier um Fuschl statt.

Das Studium der Strecke und des Profils zauberte mir ein Lächeln ins Gesicht: Die Höhenmeter waren überschaubar, die Anstiege nicht zu lange und die ersten sowie letzten 20 Kilometer der Strecke ausreichend bekannt. Da muss ich natürlich dabei sein!

Die Vorbereitung war wie immer überschaubar, auch wenn der Jahrhundertsommer keine Schlechtwetterausreden gelten ließ. Die Taktik, der Teil, in den ich immer sehr viel Zeit investiere, auch wenn dann immer alles anders kommt, als gedacht, war auch schnell zurechtgelegt:

  1. Start möglichst weit vorne, damit in der ersten Rampe kein Stau mein Weiterkommen behindert und ich es danach irgendwie auf den letzten Drücker in eine flotte Gruppe zum Ausruhen schaffe.
  2. Die Russenstraße auch irgendwie überleben und als letzter wieder bei einer größeren Gruppe dranbleiben, die mich dann mitleidig im Windschatten überleben lässt.
  3. Den unbekannten Teil in der Seenecke versteckt mitrollen, viel jausnen, um dann ausgeruht die zwei Schlusssteigungen vom Mondsee nach Fuschl zu überleben.

Taktikpunkt 1 ging gleich einmal schief. Ich war zwar für Block A gemeldet und rollte zehn Minuten vor dem Start in diesen. Nur war der Block A riesengroß, ich hatte den Eindruck, A stand für ALLE. Somit war nach dem Start gleich einmal ein Stau zu erwarten, nichts mit möglichst viel Schwung holen, um die Körpermasse möglichst weit den Anstieg hinaufzuschießen.

Der Stau war dann glücklicherweise eher ein Kolonnenverkehr mit Überholmöglichkeiten und so konnte ich wenigstens den Totpunkt vermeiden und stillos mit hängender Zunge und kollabierenden Lungenflügeln bald ein paar bekannte Gesichter von Vereins- und Arbeitskollegen überholen. Das Ende der Fuschler Rampe war zum Glück schnell erreicht und nun musste ich im „gschupften“ Bereich bis zur Abfahrt nach Thalgau noch ein paar motivierte Kämpfer einsammeln, um dann in der Ebene möglichst viel Kraft sparen zu können.

Das Schicksal meinte es gut mit mir und in der dritten großen Gruppe rollten wir auf die gnadenlose Russenstraße, die zwei Gruppen vor uns in Sichtweite. Mit dem Ansteigen der Steigungsprozente wurde es um mich immer ruhiger und unverhofft schaffte ich es mit 3 anderen am Ende des Anstiegs die Gruppe vor uns zu erreichen. Somit ist der zweite Taktikpunkt voll aufgegangen.

In dieser Gruppe durfte ich die nun folgenden leicht abfallenden Kilometer richtig leiden. Das Tempo war gnadenlos, aber alle waren sich einig, dass die erste große Gruppe unbedingt eingeholt werden muss. Und wir schafften es am letzten Drücker. Jetzt gab es eine richtig große Gruppe mit knapp 30 Fahrern, genau das richtige für die hügeligen Kilometer durch das Salzburger Seengebiet.

Es gab nun Zeit fürs Jausnen, sogar das Nachfüllen in den Verpflegungszonen funktionierte wunderbar ohne Stehenbleiben dank ausgezeichnet positionierter Freiwilliger. Mir blieb nun ein wenig Zeit, die Mitstreiter und deren Material zu bewundern. Großteils sehr dünne Herren, die schnellste Dame war auch bei uns, beschützt von Vereinskollegen und natürlich nur Material vom Feinsten. Auf klassischen Metalluntersätzen fuhr nur ein anderer außer mir. Bei den Laufrädern surrte auch nur Carbon und mit haarigen Wadln war ich ziemlich einsam.

Überraschender Weise sprachen mich ein paar Herren wegen meiner Mountainbike-Vergangenheit an und das nutzte ich gleich, um mich über die bevorstehenden Kilometer zu erkundigen.

Zuerst kam ein gleichmäßiger mittelsteiler längerer Anstieg, der erwartungsgemäß keine Selektion brachte, dann folgte ein steiler enger Karrenweg, der sehr an die belgischen Klassiker erinnerte. In diesen  schmalen Karrenweg wollte irgendwie keiner als erster reinfahren. Nachdem der so schmal aussah, übernahm ich spontan die Initiative mit dem Hintergedanken, dass in diesem engen Trampelpfad selbst die dünnen Herren an mir breiter Masse keiner so leicht vorbei kam und ich so länger bei den Schnellsten dran bleiben konnte.

Es funktionierte, zur Hälfte wurde es dann etwas breiter und da begannen die ersten zu attackieren. Doch ich schaffte es, am Ende der ersten Gruppe mit leicht gekreuztem Blick in die Abfahrt zu keuchen. Nun hieß es ausruhen, es ging überwiegend bergab bis zum Mondsee und dann wartete das Finale. Die Gruppe wurde nun wieder größer, weil sich nun jeder ausruhen wollte.

Mit dem Ausruhen war es aber vorbei, als die Straße Richtung St. Gilgen stieg. Ich versuchte auch diesmal wieder möglichst weit vorne mitzufahren und auch diesmal gelang es, mit den Schnellsten die Passhöhe zu erreichen. Ich war ein klein wenig überrascht, denn da hatte ich einige weitaus stärker eingeschätzt. Nur nach 100km war nun keiner mehr ganz frisch.

Das schlimmste kam noch, dieser grausige Schmierer von St. Gilgen nach Fuschl. Eine schöne breite Straße, die gar nicht so steil erscheint, die mich aber bei jeder Ausfahrt an die tiefste Fluchgrenze brachte. Wir waren noch immer knappe 20 Fahrer und die ersten zwei attackierten gleich unwiderstehlich. Bei der zweiten Attacke, die mir mehr nach meiner Kragenweite schien, ging ich mit und drückte wieder wie in besten Zeiten gnadenlos in die Pedale. Das Rad ächzte, meine Muskeln zwickten, aber es waren nur noch zwei Kilometer bis zur Zielabfahrt.

Hinter mir vernahm ich nur mehr verzweifeltes Spucken und Keuchen, fast Musik in meinen Ohren. Oben raus wurde es flacher. Die zwei Fluchtgefährten verweigerten mit verdrehten Augen jegliche Mitarbeit. So wuchtete ich mich eben ohne Windschatten der Passhöhe entgegen. Doch kurz unter der Kuppe kam dann die Ernüchterung. Es hatten sich fast alle wieder in meinem Windschatten versammelt, somit ging es nun doch hinab zum Massensprint in Fuschl.

Eingedenk meiner Gesundheit wollte ich mich aus jeglicher Sprinterei heraushalten und rollte einfach nur in der Gruppe mit. Nur kam da plötzlich ein Tourist ins Spiel. Genau vor der finalen 90° Kurve irrte der mit seinem Auto vor uns auf der Straße und brachte die hochmotivierten Sprinter fast noch vom Kurs ab. Ich bog plötzlich als erster in die Zielgerade, als die anderen noch mit dem Spurwechsel des Touristen beschäftigt waren. Mit einem Grinsen rollte ich über den roten Teppich und nahm die Beine hoch. Doch scheinbar war dies nicht der Teppich der Zeitnehmung, denn die anderen schossen mit gesenkten Häuptern an mir vorbei die restlichen 300 Meter bis zur Ziellinie.

Da wurde ich nun doch letzter meiner Gruppe, trotzdem war es für mich ein erfolgreicher Tag, denn bei 3 Stunden Fahrzeit und ausreichend Höhenmetern nur 10 Minuten hinter dem Sieger, das war schon lang nicht mehr geschehen!

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