Wings for Life Run 2015 (München, 03.05.2015)

Der Wings for Life Run ist diese sympathische Laufveranstaltung, bei der man auf die Ziellinie warten kann und es daher keine Aufgabe gibt, weil die Ziellinie in Form eines Autos einfach alle gestrandeten und demolierten Sportler irgendwann mal überholt oder überrollt. Nur das klingt leider besser als es ist, denn in manchen Hirnen schlummert ein echter Psycho, so leider auch bei mir.

Die Vorbereitung war nach dem Premierenevent 2014 nicht mehr so akribisch wie im Vorjahr, denn man wusste doch bereits ungefähr, was da alles passierte und die Schmerzen der Vergangenheit werden leicht einmal vergessen. Die Laufeinheiten waren eher im 1-Stunden Bereich und auch nicht mehr als zwei Mal pro Woche. Auf das Dehnen nach dem Sport wurde sowieso verzichtet, dafür wurde wieder mehr Zeit auf dem Rad verbracht. Für die Ausdauer sollte das doch wohl reichen.

Aus dem Vorjahr hatte ich gelernt, dass Kilometerzeiten von ca. 4:15 in der Startphase nicht nachhaltig sind, sondern langfristig durchaus schmerzhaft werden könnten, somit nahm ich mir für die ersten zehn Kilometer Zeiten um 4:45 vor. So sollte ich doch wohl weiter kommen als die lächerlichen 32 Kilometer aus dem Vorjahr.

Meine Abteilung und ich starteten dieses Jahr in München. Der Olympiapark versprach mehr Glamour als der Thayapark von St. Pölten und die Anreise war auch kürzer. Außerdem hatten uns die deutschen Kollegen nachher zu einer Grillparty eingeladen. Beim Grillen war ich noch immer in Topform!

Das Wetter war eines Stemplh.s würdig: kühl und leichter Regen. Gut gelaunt bretterte ich mit den Mittelstreckenspezialisten des DQMs los mit Tempovorgabe 4:45. Die Staugefahr im Olympiapark und der nasse Asphalt trieben uns am Anfang ein wenig und bei Kilometer 5 erkannte ich, dass das wieder mal für meine athletischen 8o Kilo ein wenig zügig war – Zeiten von knapp über 4 Minuten.

Ich drosselte das Tempo und nahm den Herrn Lemmerer vom Einkauf ins Schlepptau, dem das Anfangstempo ebenfalls ein wenig zu optimistisch schien und der wie Opa beim Verlust der eisernen Lunge schnaufte. Die Strecke war abwechslungsreich, immer wieder kleine Hügel und Schottereinlagen, der Regen wurde inzwischen stärker, feinstes Laufwetter also.

Ich beglückwünschte mich zur Wahl meiner Gewandung, kurze Hose und ein ärmelloses Leibchen waren genau richtig, bei wenig Textil konnte einfach kein nasser Stoff an meinem Luxuskörper reiben. Nur die Verpflegung war sehr bescheiden. Durchweichte Bananen, wässrige Isosafterl und Müsliriegel, die im Mund immer mehr wurden und mich nach dem dritten Kauversuch bereits schwer an der Atmung hinderten. Nachdem ich ein kleiner Feinspitz bin, entschloss ich mich zu einem nass-kalten Diätlauf.

Bei Kilometer 15 (also ungefähr dem 1,5 fachen meiner üblichen Laufeinheiten) meldete mein Körper, dass er genug hat. Die Muskeln begannen zu zwicken, die Gelenke zu schmerzen, nur wer hört bei Kilometer 15 auf. Der Herr Lemmerer wirkte auch nicht so, als ob er sich in der Komfortzone bewegte, da musste man schon Stärke zeigen. (Grüß Gott lieber Psycho!)

Es ging auf km21 zu, inzwischen tat mir schon ziemlich viel weh, der Herr Lemmerer schien sich über solch irdische Problem bereits hinweggesetzt zu haben und wirkte inzwischen wieder sehr dynamisch. Nach intensiven Kampf mit meinem inneren Schweinehund, beschloss ich dem Lemmerer alles Gute zu wünschen und die St.Pölten Taktik von 2014 wieder anzuwenden: Ab dem Halbmarathon einfach im Stop&Go Modus dahinwackeln, um so noch möglichst viele Kilometer vor der motorisierten Ziellinie zu absolvieren.

Es war erniedrigend: in den Dehnungsphasen, die ich nun alle Kilometer einlegte, überholten mich Personen, denen ich nicht einmal 5 Kilometer im Laufschritt zugetraut hätte. Aber ich musste mir halt eingestehen, dass diese die Vorbereitung wahrscheinlich ernster genommen hatten als ich. Der Lauf verwandelte sich wieder zu einem Selbstbemitleidungsmarathon, Schmerzen, Hunger und dann hat sich auch noch mein Haarband verabschiedet. In dem Regen war ich nun das perfekte Testimonial für Wash&Go. Der Lemmerer war dahin, der Herr Kiefer überholte mich bestens gelaunt, begleitet von einem Kollegen mit Ghettoblaster.

Da entdeckte ich im Augenwinkel das Catcher Car, die motorisierte Ziellinie. 27 Kilometer waren erreicht, da sollten sich doch noch mit ein wenig Selbstverleugnung die drei Kilometer bis zur 30km Marke ausgehen!

Ich verdrängte meine Schmerzen und startete eine Mischung aus Schweinsgalopp und Behindertensprint. Ich biss fest auf die Zähne und holte noch ein paar verzweifelt kämpfende Mitstreiter ein. Plötzlich war auch noch der Herr Millonig vor mir, seines Zeichens Ex-Leichtathlet. Als er mich sah, vergaß er sich auch noch ein wenig selbst, um nicht die nächsten Jahre von aller Welt gehänselt zu werden, dass sogar ein Stemplh. ihn beim Laufen abgehängt hat. Und so retteten wir zwei Ostblock-Batzis uns mit letzter Kraft über die 30km-Marke. Wir waren stolz und glücklich, dass es nun vorbei war.

Erst nach einer Weile wurde uns beiden klar, dass das große Zittern eigentlich erst jetzt begann. Durchnässt im Unterleiberl mit einer Alufolie im Regen auf einen Bus warten, da gibt es im wahrsten Sinne des Wortes herzerwärmenderes. Als wir uns bereits überlegten, zusammen unter einer Alufolie zu kuscheln um nicht ganz so zu frieren, kam zum Glück rechtzeitig der Linienbus daher.

Unsere gelaufene Anreise zur Busstation dauerte knappe zweieinhalb Stunden, die Heimreise mit dem Bus zum Startpunkt eineinhalb Stunden, und das ohne Busstation zwischendurch. Aber nach einer warmen Dusche im Olympiabad standen wir wieder voll motiviert mit einem Bierchen vorm Grill und fanden das Leben wieder schön. Nie wieder mit so wenig Vorbereitung, das nahmen wir uns zumindest an diesem Abend einmal fürs nächste Jahr vor…

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