Mountain Attack (Saalbach Hinterglemm, 10.Jänner 2014)

Wie sagt man so schön: „Alle guten Dinge sind drei“. Getreu dem Motto meldete ich mich auch dieses Jahr wieder zum Start bei der Mountain Attack in Saalbach an. Nachdem die ersten zwei Male eher dem Thema Überleben mit Würde gewidmet waren, wollte ich dieses Jahr zumindest die kulinarische Option der Pasta-Party haben. Dafür musste ich meine Bestzeit um ziemlich genau eine Stunde unterbieten, denn bisher kam ich immer erst mit dem Abräumen der letzten Buffettöpfe ins Ziel.

Nachdem mein letzter Versuch mehr unter die Rubrik Verhöhnung des Gegners fiel, als ich mich mit 4 Skitouren und insgesamt 3500hm in den Beinen und 3 Dosen Bier im Gepäck der Herausforderung stellte, konnte man dieses Jahr schon fast von sportlichem Ehrgeiz sprechen. Nur ist es leider ein Irrglaube, wenn man denkt, dass mit der Verdreifachung des Trainingumfangs die Laufzeit dann dreimal so schnell ist. Da hätte dann sogar der Herr Hoffmann ein kleines Problem mit meinem Tempo gehabt.

So startete ich voller Selbstbewußtsein mit gestählten Muskeln in den vereisten Schattberg, über 1000 Skitourenhetzer um mich und die ersten 1000hm vor mir.

Mit Harscheisen unter den Füßen ließ sich die erste großflächige Eisplatte bis kurz vor die Mittelstation ganz gut bewältigen. Ich fühlte mich zwar nicht großartig. Da sich endlos viel Leichtbau und körperbetonenden Rennanzüge um mich, der wie immer mit Betonstiefel und stabilen Skiern unterwegs war, tummelte, konnte das Tempo so schlecht nicht sein.

Nach der Mittelstation kam die erste längere Flachpassage, in der ich einmal in Ruhe trinken und schmausen konnte. Derart von den ersten Anstrengungen erholt, ging es leichtfüßig in Mitten der großen Meute (auch breite Masse genannt) dem Ostgipfel entgegen. Deutlich schneller als im Vorjahr, aber trotzdem noch ansprechbar, erreichte ich den Ostgipfel. Dort wartete schon der Herr Direktor Gerd ausgeruht auf mich und warf sich mit mir sogleich in die erste kurze Fellabfahrt. Dann kämpften wir uns über rutschigen Kunstschnee dem Westgipfel entgegen. Dort reichte mir der Herr Direktor dann endlich mein erstes Gipfelbier für diesen Tag.

Vorsichtig ging es mit dem Untergang der Sonne in die erste Abfahrt, die von mir seit Jahren gefürchtete Schattberg-Nord Abfahrt nach Hinterglemm, ein von Skitouristen zusammengerutschtes eisiges Schneeband mit endlos vielen Rutschhügeln, die mich die letzten Jahre mehrfach zur Verzweiflung brachte. Aber welch Glück, heuer gab es weder Nebel noch Schneesturm und so raste ich im ungetrübtem Schein meiner Hirnbirn (auch Stirnlampe genannt) mehr als zügig dem Tal entgegen, mein Skitourenmethusalem Gerd mehr hinter als vor mir.

Ich erreichte daher den Kontrollpunkt in Hinterglemm recht zügig, die 5 Stunden Marke war noch realistisch. Beim Kontrollpunkt übergab mich Gerd der Mountainbike-Downhilllegende Chris Meinhart, der mich die nächsten zwei Berge zügig begleiten und ein klein wenig unterhalten sollte.

Motiviert nahm ich den Zwölferkogel in Angriff. Chris legte ein zügiges Tempo vor, aber kurz vor der Mittelstation in einem knackigen Steilhang war es vorbei mit der Euphorie. Der Kunstschnee machte diesen Hang so rutschig, dass von Gehen keine Rede mehr sein konnte. Ich versuchte mit aller Kraft meiner schmächtigen Oberarme eine gleichmäßige Bewegung Richtung Gipfel zu gewährleisten, aber inzwischen machte sich ein grausames Zucken in der vorderen Oberschenkelmuskulatur bemerkbar, im Volksmund auch Krampf genannt.

Das konnte ja lustig werden, Halbzeit und bereits erste Streikdrohungen meines Körpers.

Ich nahm das Tempo ein wenig heraus und konzentrierte mich, gleichmäßig und technisch sauber zu gehen, um ja keine Kraft zu vergeuden. Nur hatte ich auch nicht mehr viel zu trinken, da die Labe an der Mittelstation heuer dienstfrei hatte.

Der obere Teil des Zwölferkogels ist bekanntlich recht steil und dieses Jahr machte der Kunstschnee das alles auch noch recht rutschig. Ich fühlte mich elend, bemitleidete mich ausführlich, merkte aber zu meiner Überraschung, dass die Herren rund um mich auch nicht schneller waren.

So erkämpfte ich in der breiten Masse den Gipfel und nahm dort mein hochverdientes zweites Gipfelbier entgegen. Der Rest des Gipfelbuffets mundete auch hervorragend, so gestärkt warf ich mich mutig in die nächste schwierige Abfahrt. Die größte Angst, die ich nun hatte, war, dass mich ein Krampf beim bergabrutschen überraschen könnte. Aber es ging alles gut, und ich saß schon wieder beim nächsten Buffet.

Christian verzweifelte langsam mit mir, der dachte schon, dass ich die Attack mit Vollpension gebucht hatte. Bei jeder Essensausgabe musste er mich mühsam überreden, weiter zu gehen. Aber ich hatte in Wirklichkeit nur Angst vor dem ewig langen Schlußanstieg, und der wurde auch hart, sehr hart. Es war zwar jetzt nicht mehr steil, aber Christian trieb mich fest an, er zweifelte massiv an meinen 5 Stunden. Das grausame war jetzt, dass die Hänge alle zur Seite hingen. Dadurch, dass meine Muskulatur schon massiv beleidigt war und schwächelte, konnte sie mein Knie nicht stabil halten und bei jeder schiefen Bewegung hatte ich das Gefühl, dass sich meine Kniescheibe verabschieden könnte.

Christian verließ mich kurz vor Ende des langen Anstiegs, dem eine kurze Zwischenabfahrt folgte. Mein Umfeld dachte, dass ich bereits zu schwach war zum Ski abfellen, sie träumten schon von der Schlussabfahrt. Nur wußte ich bereits aus den letzten Jahren, dass diese Abfahrt nur knapp 100 Tiefenmeter absolviert und dann noch einen knackigen Anstieg bereit hielt. Ich brettlte also mit den Fellen gleich ungebremst hinunter, auf den Eisplatten war das eine lustige Herausforderung, und dann wuchtete ich mich entfesselt die letzten Höhenmeter Richtung Schlussabfahrt. 4:45 standen auf der Uhr, das kann sich wirklich noch ausgehen.

Nach 4:50 hatte ich die Felle verstaut und schoss Richtung Saalbach. Es ging legendär dahin, nur mehr 500hm musste ich vernichten. Doch alle rund um mich wurden immer langsamer und fuhren ein Bogerl nach dem anderen. Als ich plötzlich die Ohren zwischen den Knien spürte, wußte ich, was los war. Das Finale war eine Buckelpiste aus Eis. Mit krampfigen Haxerln ist das ein wahres Vergnügen, da hinunter zu wackeln. Aber irgendwann war es sturzfrei überstanden und nach 5 Stunden und ein paar Minuten stand ich im Ziel. Vollkommen fertig und absolut ungewillt, zu einer Pastaparty zu maschieren. Der Ausländerstammtisch konnte mich schnell zu Pizza und Bier überreden, so nahm der Abend dann wenigstens in der dritten Halbzeit ein sportliches Ende im Reich der Elektrolyte.

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