Weinbergtrophy – 5 Stunden von Großengersdorf (12.Oktober 2013)

Wie jedes Jahr fand der große Jahresabschluß der österreichischen Mountainbike-Saison in Großengersdorf statt. Und wie immer gab es 3 Optionen:

1.Den Wahnsinnigen zuschauen und ordentlich dem frischen Sturm zusprechen (Stoppi-de-Luxe-Variante)

2.Sich ein paar andere Wahnsinnige suchen, gemeinsam das 5h-Rennen in der Staffel absolvieren und nur mäßig dem frischen Sturm zusprechen

3.Sich ganz allein dem Wahnsinn aussetzen und nach erfolgreicher Selbstverstümmelung auf der Strecke dem Rest des Sturms widmen

Alle Varianten hatten sicher ihren Reiz, nur als Mitglied des ARBÖ Merida PSV Wien gab es keine Optionen: Die Vereinsmeisterschaft war Pflicht und da zählten einfach nur absolvierte Runden.

Grundsätzlich darf ich mich als gewichtiger Fahrer über die Wahl dieses schnellen und knackigen Rennens als Schauplatz der Vereinsmeisterschaft gar nicht beschweren. Die Bergziegen hätten wohl mehr ein Rennen wie Kitzalp bevorzugt. Auch die späte Zeit des Jahres sprach eher für mich: Im Oktober finden große Hitzewellen eher selten statt und ich als Sommerurlaubstrainierer hatte zu diesem Zeitpunkt des Jahres frühestens meinen ersten Saisonhöhepunkt erreicht und war sicher nicht ausgelaugt von einer überlangen Saison.

Jedes Jahr wieder nahm ich mir vor, den September mit üppigem Training zu füllen. Leider schaffe ich das nie und die Ausreden sind zu dieser Jahreszeit immer leicht gefunden (kalt, früh dunkel,…). So bewegte ich mich dann am 12. Oktober mit der Gewissheit an den Start, dass sicher nicht das Übertraining Grund meines blamablen Abschneidens sein wird. Wenigstens war ich mir sicher, dass ich für 60 Minuten ziemlich schnell sein sollte, der Mittagspause mit meinen Arbeitskollegen sei dank, die meine grazilen Stampfer 1-2 Mal pro Woche rund um den Fuschlsee an ihre Leistungsgrenze trieben.

Die Taktik war somit denkbar einfach: Gleich mal vom Start weg so weit wie möglich vorne mitfahren und dann in den Flachpassagen den Windschatten der Topathleten zu nutzen, um wieder ein wenig zu Atem zu kommen. Die Taktik klingt grundsätzlich mal sehr unkompliziert, wurde mir ausserdem von meinem lieben Sumo seit Jahrzehnten mehr oder wenig erfolgreich vorgelebt.

Das eine Problem dieser Taktik war mir allerdings nicht nur aus den Erzählungen des Don Sumos bekannt. Da vorne sind die Radfahrer sehr dünn und somit gibt es für die breite Masse wie Sumo oder mich maximal Windschatten für den linken oder rechten Oberschenkel, aber einen Vollschatten eher sehr selten.

Das zweite Problem war die digitale Fotografie. Jeder hatte so ein Gerät dabei und wollte dieses auch benutzen. Auch die Vereinsmeier des PSV, die unbedingt ein Erinnerungsfoto auf ihre Homepage stellen wollten. Und wann bekommt man die Mannschaft halbwegs vollständig zusammen? Richtig, kurz vor dem Start. So machten wir halt ein paar nette Fotos kurz vor dem Startschuss, genauso wie die Herren Fussballer und danach wollte uns überraschenderweise keiner mehr in die ersten Startreihe lassen. Daher war die Taktik des schnellen Startens bereits vor dem Start Geschichte, weil ich mich in der mir leistungsmäßig passenderen Klasse der breiten Masse wiederfand.

So startete ich zwischen Freireitern wie dem Herrn Bert und Helmkamerafahrern (Inspektor Fritz) und musste erst mühevoll eine Schneise durch das gesamte Feld ziehen bis ich die erste Verfolgergruppe erreichte. Zum Glück waren in dieser Gruppe ein paar Herren dabei, die brav auf die Tube drückten und so kamen wir bei der zweiten Passage des Heartbreakers auf einmal zu prominenter Gesellschaft. Der Herr Krenn wurde Teil unserer Gruppe und konnte seine Ungeduld, uns Wappler abzuhängen, kaum zügeln. Nur diese Anhäufung von Weinreben war mehr im Sinne der Windschattenfahrer und Hügelumwuchter als der begnadeten Berggemsen. Daher musste er erst auf die fröhliche Verkrampfung meiner Muskeln warten, bis er ohne dem formlosen Pelzwadel weitertreten durfte. Und das dauerte überraschender Weise viele Runden.

Der Luxusstemplh. hatte wohl seinen Körper unterschätzt, ganze zwei Stunden bewegte er sich in der Riege der Rennfahrer am körperlichen Limit, nur wenige Minuten hinter der Spitze um den berühmten Jünger Klimo. Als ich meine persönliche Krampfphase erreichte, hielt sich diese an jenem Tage liebenswürdigerweise auch in Grenzen. Vielleicht auch deswegen, weil bei mir nach der mehrfachen Überrundung selbsternannter Legenden die Euphorie so dominant war, dass dieses Glücksgefühl die Schmerzen überlagerte.

Aber so wie jedes Jahr wurde es in der dritten Stunde mühsam, die vierte Stunde war noch ein wenig weniger lustig. Aber von hinten kam einfach niemand. Ausserdem konnte ich beinahe jede Runde zumindest teilweise ein wenig Windschatten in den Flachpassagen genießen, was mich mental und kräftemäßig ein wenig schonte. Zwei Runden lang war es sogar der berühmte Harti, dessen breite Schultern und Hinterrad ich bewundern durfte. Er bildete mit dem Wödmasta Widhalm ein Legendenduo und klärte mich ein wenig über seine neue Leidenschaft Endurorennen auf (viel mehr runter als rauf, klingt verlockend!).

Die letzte Runde war wie immer geprägt von der Eitelkeit des Nicht-Überrundet-Werdens. Und irgendwie hatte ich es auch dieses Jahr wieder erfolgreich geschafft, die Spitze des Feldes auf Distanz zu halten. Allerdings war ich in dieser letzten Stunde sehr gealtert und hatte mir den Aufstieg in die nächste Altersklasse für 2014 redlich verdient.

Das kurze Resumee: Das Rennen war wie jedes Jahr, ich fuhr 5 Stunden sinnlos im Kreis, wurde wieder ein Mal Zehnter und wie jedes Jahr Vizemeister des PSV. Danach war ich wie immer nur noch fähig, schnell eine Bratwurst zu inhallieren und die Sturmtrinker ob ihrer Contenance zu bewundern.

Auf ein Wiedersehen in der Legendenklasse – ab 2014 wackle ich in der Klasse 40+!

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