Der Pelz Bleibt Dran

Die wichtigste Nachricht gleich zu Beginn: Es gibt keine Beinrasur!

Nachdem Axel letztes Jahr so begeistert von der Beskidy MTB Trophy in Polen war, haben wir uns im Herbst dazu entschlossen einmal nicht nach Italien (Finale, Rom o.ä.) zu fahren, sondern dem Gastgeberland der Fußball EM einen Besuch abzustatten. Und damit ein klein wenig Würze in die 4 Etappen hineinkommt, habe ich mich in einer schwachen Stunde auf eine “haarsträubende” Wette eingelassen: falls ich in der Gesamtwertung hinter Harti landen sollte, ist es um mein gepflegtes Beinkleid geschehen (inklusive öffentlicher Rasur an einem Ort seiner Wahl).

Dermaßen motiviert hab ich einmal über den Winter gar nichts trainiert. Lediglich ein Mini Trainingslager Ende Jänner (inklusive Schnee in Palma, Mallorca) hab ich über mich ergehen lassen. Im Frühjahr war das Wetter dann schon besser, ebenso meine Motivation. Und seit Anfang April sitze ich 5x die Woche für ca. 6-7 Stunden am Rad um den Donauinsulanern Manieren beizubringen, von Training kann man da nicht wirklich reden, eher von Regeneration (aber die ist ja auch wichtig).

Es gesellte sich noch Markus samt Masseuse Eva zu uns und so ging es am Mittwoch im Konvoi auf zu den Beskiden ins gar nicht so ferne Polen. Bei der Ankunft fühlten wir uns ins Mühlviertel versetzt, eine hügelige, prächtig grüne Landschaft empfing uns mit Sonnenschein! Die Startunterlagen waren auch sehr rasch abgeholt (außer der Startnummer gab es nämlich rein gar nichts! Keine Streckenpläne, keine Werbung, keine Gels, Riegel oder dergleichen. Sehr sympathisch!) und schon hockten wir gegenüber vom Supermarkt in der Orts Pizzeria. Zum aufwärmen bestellten Markus und ich jeweils eine 50cm Pizza Pikante. Kostete nicht viel, lag mir aber beim Frühstück bzw. beim Start am nächsten Morgen noch immer im Magen.

1. Etappe Do. 7. Juni ca. 65km mit 2.300hm

Vom Start weg ging es gleich einmal 5km Bergauf, die Berge sind hier zwar nicht sehr hoch, aber dafür ging es immer wieder recht wellig dahin. Harti meinte noch, er startet nicht so schnell, doch für mich als Dieseltreter ist das alles ein Eilzugtempo. Ich hatte ihn zwar die längste Zeit im Blickfeld, doch irgendwann einmal war er einfach weg. Nach 20km kam dann endlich das erste Buffet, doch vom Inschenär weit und breit nichts zu sehen. Laut Höhenprofil der Homepage fing jetzt ein ca. 600hm Anstieg an, hurtig kurbelten meine Beinchen einen Höhenmeter nach dem anderen empor, die hatten sichtlich Angst demnächst “im Freien” zu stehen. Ein Mitstreiter nach dem anderen wurde ein- und auch überholt und nach gut 2/3 des Anstiegs erspähten meine Äuglein ein blaues Trikot mit einem geklauten Stern! Das konnte nur Harti sein, seine Wadeln haben ja im übrigen bereits die Dimension eines Don Sumo erreicht (manches Rennen fährt er ja auch mit Edel-Domestiken zwecks Vorbereitung um ja nicht zu intensiv zu trainieren). Und wirklich, ich pedalierte locker mit dem mittleren Blatt und schon konnte ich ein herzliches “Grüß Gott Herr Inschenär” anbringen.

Gemeinsam ging es dann bis zum Gipfel empor und im Downhill mokierte er sich über meine Minimalgeschwindigkeit. Geschwindigkeit gibt Stabilität – das waren seine Worte als er mich locker grinsend überholte, allerdings hatte er übersehen, dass die Strecke im 180Grad Winkel links retour den Berg wieder hinauf ging. Ich quetschte mich gerade noch so um die Kurve, aber Harti musste seine Stabilität beim Stehen bleiben erst unter Beweis stellen. Es dauerte dann eine ganze Weile, bis er wieder hinter mir auftauchte. Kurz vor dem zweiten Buffet nach 2/3 der Strecke kam ein kurzes Asphaltstück, wo ich die Gelegenheit nutzte um wieder mit mächtigem Tritt den einen oder anderen zu überholen. Und Harti musste kurz einmal reißen lassen. Bei der Labe kam er zwar wieder daher, ich rollte locker weiter, doch er tauchte dann einfach nicht mehr auf. Ich betrachtete voller Freude meine doch schon recht schmutzigen Beinchen, der ganze Pelz war noch dran, was für ein herrlicher Anblick.

Am Schluss sollten dann noch 3 bis 4 Schupfer zu je 200hm daherkommen, aber einer nach dem anderen gestaltete sich dann schön langsam zur Qual. Der dritte wollte überhaupt nicht mehr aufhören, ein geschmierter Asphaltanstieg, ich versuche mich bei einem recht flott daher kommenden hinten anzuhängen, muss aber nach 1km das Unterfangen wegen Zwecklosigkeit wieder aufgeben. Weiter im mühsamen eigenen Tritt weiter das Hügerl hinauf. Aber jeder Berg hat ein Ende und so ging es wieder einen rasanten Singletrail durch dichten Wald hinunter um gleich wieder den hoffentlich allerletzten Anstieg empor zu kriechen. Nach fast 4,5 Stunden kam dann die Erlösung für die Anstrengung, der Zieleinlauf, mein Körper war ganz schön gezeichnet. Harti kam ein paar Minuten später daher und gemeinsam beschlossen wir das Tagesprogramm für die 2. Etappe.

2. Etappe Fr. 8. Juni – Besichtigung von Krakau

Der gemeine Leser kennt ja schon die Vorliebe für manch kulturelles Highlight, und da wir schon einmal in der Nähe solch eines Kulturgutes waren, packten wir die Gelegenheit beim Schopf und pfiffen auf die doch sehr schönen Singletrails der Beskiden und fuhren ins ca. 150km entfernte Krakau.

Unsere Wette können wir uns ja noch am nächsten Tag weiter ausfechten. Markus fuhr aufgrund eines Infekts bereits Donnerstag abends samt Masseuse wieder nach Hause und so blieb es an Axel unsere Fahnen hoch zu halten.

Auf der dann doch 3stündigen Anreise über wunderschöne polnische Bundestrassen samt Hundertschaft von fast gleichnamigen Ortschaften und kaum Verkehr, gab es dann auch vom Inschenär eine kurze Einführung in diverse gotische Kirchen die unbedingt besichtigt werden müssen. Axel wiederum interessierte das alles nichts, er wollte nur Apfelkuchen als Mitbringsel. Zunächst ein kurzer Stadtrundgang mit Verpflegung (Eis), dann Besichtigung des Veit-Stoss-Altar in der Marienbasilika zu Krakau, danach Jause (Kaffee samt Apfelkuchen mit Haselnusseis und Schlagobers), so kann eine zweite Etappe auch Spaß machen! Und dann noch das Mitbringsel für Axel besorgt, da kann die Heimreise (inkl. Atom Sightseeing kurz vor Kattowice) auch schon angetreten werden, denn die Forelle (allerdings die kleine Version, da Ruhetag!) wartete schon auf uns.

3. Etappe Sa. 9. Juni – 70km mit 2.500hm

Die Vorgabe war eindeutig, den Vorsprung über die Distanz bringen, denn wir wussten beide, nach der Etappe war Schluss – Sonntag folgt die Heimreise. Die Gegend ist zwar wunderschön und kann nur wärmstens weiterempfohlen werden, aber für ein 4 Tages Etappen Rennen benötigt man eine etwas bessere Vorbereitung als wir uns diese zu Gute kommen haben lassen. Das Profil ähnelte der ersten Etappe ein wenig, auf den ersten 20km ging es recht wellig dahin, dann folgt ein langer Anstieg und gegen Ende diesmal zwei 300hm Anstiege. Gleich vom Start weg sicherten wir das Feld nach hinten ab. Dermaßen mit Selbstvertrauen aufgetankt und dank des Ruhetages (den die anderen Leidens genossen ja nicht hatten) wagten wir uns auf den ersten steileren Rampen dann schön langsam weiter nach vorne. Am Vorabend hatte es bei unserem all abendlichen Gute Nacht Rotwein Flascherl doch glatt zu regnen begonnen und so präsentierte sich der Untergrund dann auch, recht feucht, gatschig, stellenweise sehr tief, aber alles im fahrbaren Bereich (quasi eine polnische Schlammpackung). Harti bemühte sich nicht zu schnell zu fahren, aber selbst dieses zugegebenermaßen recht langsame Tempo war für mich zu flott. Diesmal dauerte es aber keine 2h wie auf der ersten Etappe bis ich ihn wieder einholte, nein, nach bereits 1h rollten wir wieder Seite an Seite, bis hin zur ersten Labe. Der Himmel verdunkelte sich auch zusehends, es wurde unangenehm kühl je höher wir den Berg hinauf fuhren bzw. schoben und so ein Schiebestück nützte ich dann auch gleich aus um den zweiten Akt der “Haarverteidigung” anzugehen. Mit forschem Schritt quetschte ich mich an ein paar Mitstreitern vorbei und flugs war vom “Möchtegern Rasiermeister” nichts mehr zu sehen.

Der Nebel wurde auch immer dichter, schade denn der Ausblick muss wunderschön sein. Endlich oben angekommen ging es dann einen steinigen Wanderweg (zu vergleichen mit dem Gardasee) hinunter, ein wirklich wunderschöner Singletrail, mein Bike ließ mich auch nicht im Stich und es war Freude pur mit dem Fully bergab zu cruisen. Irgendwann im Downhill konnte ich im Nebel die Markierungen nicht mehr so genau ausmachen und fuhr einfach den Reifenspuren nach, welch Fehler, nach ein paar hundert Metern kamen mir schon Leidens genossen entgegen (auch die hatten sich verfahren, doch Verständigung war bei dem Teilnehmerfeld nicht wirklich einfach – RUS, LTV, POL, UKR, SVK – dass waren die Abkürzungen der Länder auf den Startnummern – mittels holprigem Englisch und diversen Handzeichen funktionierte es doch einigermaßen, alles retour, umdrehen und raufschieben). Zum Glück fanden wir den richtigen Weg recht flott und so ging es im Regen weiter bis zum nächsten Buffet.

Von dort waren es dann nur noch die zwei oben angepriesenen 300hm Anstiege. Der erste zunächst Asphalt, geschmiert und immer steiler werdend, dann Forststraße pur – und dank des gestrigen Ruhetages konnte ich heute doch einigermaßen mein Tempo fahren. Ein um den anderen wacker kämpfenden Fahrer konnte ich einholen, doch der Berg wollte nicht aufhören. Dann endlich wieder hinunter, viel zu kurz allerdings um sich wieder zu erholen, gleich in den nächsten – hoffentlich letzten – Berg. Und der Ablauf war wieder derselbe, ein Fahrer nach dem anderen konnte gestellt werden, schön langsam sehnte ich mir das Ziel herbei. Und dank des Kartenstudiums am Vorabend wusste ich, es geht den Anstieg hinunter, den wir am ersten Tag gleich zu Beginn hinauf gefahren bzw. geschoben hatten. Doch der Forststraßen Schmierer nahm kein Ende, nach jeder Kurve ging es zwar nicht steil aber immer stetig den Berg hinauf. Doch den anderen Teilnehmern erging es nicht anders, es bemühten sich zwar alle immer ein freundliches Lächeln hervorzuzaubern, doch es kam nicht mehr mit so einer Leichtigkeit wie am ersten Tag. Und dann endlich, ich erinnerte mich an eine Passage, die ich vom ersten Tag kannte, jetzt wusste ich, es geht nur noch bergab. Die letzten Kräfte wurden mobilisiert und flugs ging es Richtung Ziel, der Downhill war sehr flowig und nach etwas mehr als 5 Stunden war der Zielbogen auch schon erreicht. Harti kam keine 10minuten später auch schon daher und konnte es nicht glauben, mit welchem Einsatz ich meinen Pelz verteidigt habe.

4. Etappe – So. 10. Juni – Heimreise

Am Vorabend ging es noch zum Speicherauffüllen in ein Steakhouse, wo wir beim abschließenden Abendspaziergang noch Fotomotive ausspähten, da die 4. Etappe gleich zu Beginn über diesen Berg führte. Wir wollten Axel noch anfeuern und ein paar Fotos für den Sponsor machen, doch die Anstrengungen der letzten Tage machten sich bei Harti mit einer angeschwollenen Archilles Sehne bemerkbar. An ein gehen war morgens nicht zu denken. Also ging es schnur stracks Richtung Wien um das Atom Sightseeing auf der Heimreise mit Bohunice fortzusetzen.

Ein wirklich weiter zu empfehlender Event, vergleichbar mit der Alpentour, allerdings mit nicht zu vergleichender Organisation, sehr nette, freundliche Leute, eine wunderschöne Landschaft, Preise wie vor langer Zeit bei uns einmal, kurzum I´ll be back – hoffentlich bereits nächstes Jahr wieder – und der Pelz fährt auch wieder mit :-)

Bis zum Herbst beim nächsten Rennen, ansonsten fast täglich auf der Rinne
Euer Stoppi

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Eine Antwort auf Der Pelz Bleibt Dran

  1. hannes sagt:

    super bericht, Stoppi! danke, hab gelacht. ich wollt ja mal ein team mit dem schönen namen “furry-calf” gründen… (dt: Pelzwade)

    gruß auch an Harti (ein stern, der seinen namen träääägt) – und bis irgendwann auf den üblichen altherrenstrecken :)
    hannes

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